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Blog / 2017Tipps zur Sprachentwicklung von Autisten

Kommunikation bei Autismus

Die kommunikativen Fähigkeiten von Autisten sind eng mit der kognitiven und sozialen Entwicklung verbunden. Einige Kinder, Jugendliche und Erwachsene können überhaupt nicht oder nur sehr eingeschränkt sprechen - andere haben einen großen Wortschatz und sind redegewandt. Viele haben Schwierigkeiten mit der Bedeutung und Aussprache von Wörtern und Sätzen. Häufig wirkt die Sprache monoton und teilweise wenig emotional. Das Verständnis von Gestik und Mimik ist oftmals ebenfalls beeinträchtigt. Insgesamt haben Kinder, Jugendliche und auch Erwachsene mit Autismus also häufig große Schwierigkeiten in der Interaktion und Kommunikation mit anderen. Diese Beeinträchtigung ist eines der Diagnosekriterien einer Autismus-Spektrum-Störung und individuell unterschiedlich ausgeprägt.

Herausforderndes Verhalten wie Selbst- und Fremdverletzung oder auch Wutanfälle können aufgrund mangelnder Kommunikationsfähigkeiten entstehen. Das Verhalten kann auch selbst Ausdruck einer Kommunikationsstrategie darstellen. So besagt das erste Axiom des Kommunikationsforschers Paul Watzlawik, dass jedes Verhalten auch eine Form von Kommunikation darstellt.

Entsprechend möchten viele Angehörige gerne wissen, wie sie die Sprachentwicklung und Kommunikation ihrer Kinder fördern können. Der Alltag ist voller Möglichkeiten, Autisten in ihrer Sprachentwicklung zu unterstützen.

Im Folgenden sollen vier bewährte Ansätze vorgestellt werden, mit denen die Entwicklung und Anbahnung von Sprache gefördert werden kann.

Spiele und soziale Interaktion

Kinder lernen am besten und mit Freude durch das Spielen. Diese einfache Regel gilt gleichermaßen für Autisten und lässt sich auf die Sprachentwicklung anwenden. Beim gemeinsamen Spiel entwickelt sich die Sprache durch die soziale Interaktion. Das Aufsagen von Kinderreimen und melodischer Gesang können beim Aufbau von Sprache helfen. Diese lassen sich leicht einprägen und dementsprechend leicht wiederholen.

Dabei hilft es, die Interessen der Kinder und Jugendlichen aufzugreifen und die durchgeführten Aktivitäten zu kommentieren. Sortiert ein Kind zum Beispiel gerne Spielzeugautos, können währenddessen die Modelle, Marken oder Farben benannt werden. Auf diese Weise kann das Sprachverständnis weiter gefördert werden.

Durch das Imitieren kommunikativer Verhaltensweisen der Kinder werden sie ermutigt, dieses Verhalten häufiger zu zeigen. Durch das Angleichen von Haltung, Gestik, Mimik, Spielarten und verwendeter Sprache wird der Einsatz dieser Kommunikationsarten verstärkt. Negative und sozial nicht akzeptierte Verhaltensweisen (z.B. Werfen von Spielzeugautos) sollten unter keinen Umständen nachgeahmt werden.

Vereinfachte Sprache

Durch die Verwendung von vereinfachter Sprache ist es für Kinder und Jugendliche mit geringer Sprachentwicklung leichter zu verstehen, was gemeint ist. Dadurch ist es einfacher, das Gesagte zu imitieren. Sind Kinder oder Jugendliche nonverbal, sollte ausschließlich in einzelnen Wörtern mit ihnen gesprochen werden und Kommunikationshilfen wie Bildkarten oder Gebärden eingesetzt werden.

Bei Spielzeugautos sollte nur eine einfache Eigenschaft benannt werden, z.B. rot oder einfach das Wort Auto. Natürlich bieten sich auch Aktivitäten an. So kann beim Spielen mit dem Auto das Wort fahren benutzt werden, wenn es über den Boden gerollt wird. Grundsätzlich sollten Aktionen mit Sprache verbunden werden und umgekehrt.

Kommunizieren Kinder oder Jugendliche selbst mit Einwortsätzen, sollte in Zweiwortsätzen mit ihnen gesprochen werden, beispielsweise rotes Auto. Sprechen die Kinder oder Jugendlichen in Zweiwortsätzen, sollten Bezugspersonen in Dreiwortsätzen mit ihnen kommunizieren.

Dieses Vorgehen wird „One-up-Regel“ genannt. Die Länge der Sätze sollte immer um ein weiteres Wort gesteigert werden. Auf diese Weise fällt es den Kindern leicht, die Sätze zu verstehen und anschließend zu imitieren.

Die gleichen Wörter sollten immer wieder so oft wie möglich wiederholt werden, um das Verständnis zu erhöhen. Die Verwendung dieser Wörter ohne einen für das Kind ersichtlichen Kontext oder Grund sollte vermieden werden.

Wichtig sind klare und konkrete Aussagen, ohne die Verwendung rhetorischer Figuren wie Ironie oder Metaphern.

Zeit lassen

Die meisten verspüren oftmals das Bedürfnis, Pausen und Stille mit Sprache zu füllen. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn unser Gegenüber keine unmittelbare Rückmeldung oder Antwort gibt. Dabei ist es besonders wichtig, Kindern oder Jugendlichen mit Autismus die Zeit und den Raum für Kommunikation zu geben.

Nach einer Frage sollten die Kinder oder Jugendlichen erwartungsvoll angeschaut und ihnen angemessen Zeit für eine Reaktion gelassen werden. Hierbei sollte unmittelbar auf einfache Laute oder nonverbale Signale reagiert werden. Durch eine sofortige Reaktion wird die bedeutende Wirkung von Kommunikation deutlich. Die Kinder erlernen dadurch den Zusammenhang von Kommunikation (Laut oder nonverbales Signal) und Wirkung (Reaktion auf Verhalten). Durch dieses Verständnis wird das Gefühl der Selbstwirksamkeit gesteigert und ein positiver Bezug zu Sprache und Kommunikation entwickelt.

Eine hiermit eng verbundene Strategie ist das sogenannte Verzögern. Beim Aufsagen von Reimen und dem Singen von bekannten Liedern wird das letzte Wort oder der letzte Vers weggelassen, um die Kinder oder Jugendlichen zum Vollenden und damit zum Einsatz von Sprache zu motivieren.

Nonverbale Kommunikation

Das Deuten von nonverbaler Kommunikation ist bei vielen Autisten beeinträchtigt. Durch den Einsatz von übertriebener Gestik und Mimik kann der Zugang zu dieser Form der Kommunikation erleichtert werden. Die Verwendung unterstützender und teilweise ausschweifender Gestik während des Sprechens hilft, die Aufmerksamkeit zu erlangen und ein Verständnis für die Bedeutung des Gesagten, aber auch der nonverbalen Kommunikation zu schaffen. Beispielsweise sollte bei der Aufforderung schau in die entsprechende Richtung gezeigt werden.

Auf die nonverbale Kommunikation der Kinder und Jugendlichen sollte ebenfalls geachtet und reagiert werden. Wird zum Beispiel signalisiert, dass ein bestimmtes Spielzeugauto gewünscht wird, sollte dieses genommen und dem Kind oder Jugendlichen gegebenen werden. Allerdings könnte es auch eine Aufforderung sein, als Bezugsperson mit dem Auto zu spielen. Wichtig ist, auch hier mit einem begleitenden Satz gemäß der „One-up-Regel“ verbal zu reagieren.



Durch diese einfachen Regeln im Umgang mit Kindern und Jugendlichen mit Autismus können Bezugspersonen die Kommunikation und Sprachentwicklung im Alltag vereinfachen und fördern. Natürlich gibt es weitere Strategien und Methoden zur Sprachförderung. Beispielsweise können visuelle Hilfsmittel oder Kommunikationssysteme wie Talker oder Bildkarten eingesetzt werden. Eine professionelle Logopädie oder autismusspezifische Förderung kann durch die Anwendung dieser Regeln nicht ersetzt, sondern unterstützt und begleitet werden. Wichtig ist hier eine enge Kooperation der Beteiligten.